Zusammenfassung
Stochastische Computersimulationen sind eine wichtige Methode um evolution”re Muster und Prozesse zu vergleichen, die stark verschiedene Zeitspannen umfassen. Dieser Artikel zeigt, wie die Evolution komplexer Morphologien ¸ber geologische Zeitspannen von Millionen von Jahren simuliert werden kann. Die Simulationen ¸berpr¸fen, wie sich verschiedene hypothetische mikroevolution”re Parameter und Prozesse auf der makroevolution”ren Zeitskala auswirken. Komplexe Morphologien werden mit Hilfe von geometrischen Darstellungen der Form (z. B. Landmarken oder Umrisse) modelliert, was die hier beschriebene Vorgehensweise auf einzelne feste Strukturen begrenzt. Das Verfahren basiert auf empirisch gemessenen ph”notypischen Korrelationen, welche die evolutiven Folgen in biologisch realistischer Art einschr”nkt. Verschiedene mikroevolution”re Hypothesen ¸ber Kovarianzen, Populationsdichte und Art der Evolution k–nnen ¸berpr¸ft werden indem sie in die Simulationsparameter integriert werden.
Die morphologische Evolution von Spitzmaus-Molaren wurde unter vier verschiedenen Annahmen ¸ber deren Evolution getestet: (1) zuf”llig fluktuierende Selektion; (2) gerichtete Selektion; (3) stabilisierende Selektion; und (4) genetische Drift. Jedes dieser Modelle zeigt ein deutliches Muster in der Verteilung morphologischer Abweichungen, wodurch die Art und Weise der Evolution aus realen Vergleichsdaten rekonstruiert werden kann. Ein Vergleich der Simulationen mit realen Daten ¸ber die Diversit”t von Spitzmaus-Molaren l”ţt vermuten, daţ diese Z”hne sich ¸berwiegend durch zuf”llig fluktuierende Selektion entwickelt haben. Die Abweichungsrate ist h–her als die erwartete Rate f¸r genetische Drift, ist aber auch nicht linear oder statisch, wie man es f¸r gerichtete oder stabilisierende Selektion erwarten kann.
Die Evolution der Morphologie durch zuf”llig fluktuierende Selektion ist auch innerhalb eines phylogenetischen Stammbaumes simuliert worden. Tochter-Arten zeigen dieselben abgeleiteten Morphologien und Positionen innerhalb des Hauptkomponenten-Raumesder Simulation. Dieses Ergebnis zeigt, daţ Phylogenie erfolgreich mit Hilfe von multivariaten morphometrischen Daten nachvollzogen werden kann, sofern die Evolution der Organismen nicht auf stark stabilisierender Selektion basiert.
Schl¸sselworte: Evolutionsrate, genetische Drift, Molare, morphologische Evolution, ph”notypische Covarianz, Selektion, Spitzmaus, Sorex (Soricidae, Lipotyphla, Mammalia), Stasis
Franziska Groţmann, Universit”t T¸bingen, Institut f¸r Geowissenschaften, Sigwartstraţe 10, 72076 T¸bingen, Deutschland.